Der Preis ist heiß – doch billig ist oft teuer!!!!
Unsere Herren im Einkauf vergleichen die Preise und nehmen oft den günstigsten Anbieter. Aber ist das richtig???
Ich glaube nicht!!!
Ein Beispiel für verfehlten Einkauf
Als ich Werkleiter bei Thyssen war, haben wir Kurbelwellen an Volkswagen geliefert.
Auf Basis einer neuen Technologie im Gesenkbau, konnte VW viele Minuten Bearbeitungszeit pro Kurbelwelle sparen.
In seiner unendlichen Weisheit hat dann der Einkauf einen Vertrag mit einer spanischen Schmiede abgeschlossen und einen 30% günstigeren Stückpreis erzielt.
Große Freude beim Einkauf, ein Lob vom Vorstand und Prämien für die Zielerreichung im Einkauf wurden ausbezahlt. Es ging schließlich um 1 Millionen Kurbelwellen pro Jahr…
Nach den erfolgreichen Bemusterungen lief dann die Serie an. Doch dann kam das große Erwachen…
Aus der Produktion wurde gemeldet, was der Einkauf für einen Mist eingekauft hätte, denn die Bearbeitungszeiten verdoppelten sich plötzlich!
Da der Rohteilpreis nur einen geringen Anteil an den Fertigungskosten ausmachte, waren die Einsparungen des Einkaufs völlig unerheblich und wir durften dann diese Kurbelwelle und noch viele weitere an VW liefern.
Prozesskosten statt Preis, Ihr Herren Einkäufer!
Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Ich sehe ständig Produkte in der Fertigung, die nach dem Preis und nicht nach den dadurch entstehenden Prozesskosten eingekauft werden.
Erst letztens habe ich wieder so ein Teil gesehen, das sicher sehr günstig in Asien eingekauft worden ist, aber teuer in den Qualitäts- und Fertigungskosten Niederschlag gefunden hat.
Statt einen sicher teureren Rohteilpreis für ein Präzisionsteil in Kauf zu nehmen, wurde nur auf den Preis geschaut und damit folgende Kosten und Komplexitäten generiert:
- Transportkosten Asien Europa: wurden vom Einkauf sogar berücksichtigt
- Einlagerung der im Container angelieferten Teile. D.h., Planung der Mitarbeiter für Umpack- und Einlagerungsarbeiten, Transport- und Lagerungskosten
- Planung und Durchführung von 2 statt 1 Arbeitsschritt. Damit verbunden: höhere Fertigungs- und Planungskosten.
Herzlichen Glückwunsch.
Kosten sind mehr als der Einzelstückpreis
Meine Herren Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer, Werkleiter und Einkäufer:
Wenn wir nicht anfangen unsere gesamten Kosten und Aufwand in der Fertigung und in den indirekten und administrativen Bereichen zu betrachten, und diese in die Einkaufsentscheidungen mit einzubeziehen, machen wir große Fehler und treffen falsche Entscheidungen!!!!
Wie ich nur Mantra mäßig wiederholen kann:
Wir müssen in unseren Unternehmen alle Funktionen und Bereiche auf die Unterstützung der Wertschöpfungsprozesse ausrichten und nicht die einzelnen Funktionen optimieren!!!
Deshalb ist es völliger Quatsch – liebe Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer, und Werkleiter – Ihre Einkäufer nach realisierten Einsparungen zu messen und zu bezahlen!
Mein Mantra: Gesamtkosten senken, statt im Einkauf sparen
Vielmehr müssen Sie die Einkäufer daran messen, wie viel diese dazu beigetragen haben, die Gesamtkosten zu senken und Komplexitäten zu reduzieren!
Bleiben Sie uns gewogen und bleiben Sie vor allem Lean!
Ihr
Dr. Bodo Wiegand