Kostenrechnung 2.0 – Die Lösung des Business Cases 2

Auch für die Zuschriften zu diesem Business Case 2 möchte ich mich ganz herzlich bedanken!

Hier nochmals der Business Case 2:

Sie sind Geschäftsführer eines produzierenden Unternehmens und haben eine Lean Initiative gestartet. Nach einem Jahr kommen die Lean Experten auf Sie zu und präsentieren Ihnen folgende Zahlen:

  • Durchlaufzeiten um 20% reduziert
  • Lieferfähigkeit von 78% auf 99% erhöht
  • Kundenzufriedenheit auf über 98% gestiegen
  • Die Bestände um 30% gesenkt
  • Den OEE unseres Engpass Aggregates von 62 auf 65% erhöht. Weitere notwendige Investitionen sind beantragt, um den OEE auf 78% zu erhöhen
  • Die Mitarbeiterzufriedenheit ist angestiegen und die Aktivitäten der Mitarbeiter bei 5S haben sich sichtbar erhöht
  • Wir konnten 2 Mitarbeiter aus der Fertigungssteuerung und 1 Mitarbeiter aus der Logistik herausnehmen und diese auf die nicht besetzten, aber dringend notwendigen Stellen in der Instandhaltung und im innerbetrieblichen Vertrieb verteilen
  • 3 Zeitarbeitern in der Logistik wurde der Vertrag nicht verlängert

Das sind ja erfreuliche Zahlen, die in der nächsten Geschäftsführersitzung vorgestellt werden.

In der Geschäftsführersitzung allerdings dann die Ernüchterung…

Der für die Finanzen verantwortliche Geschäftsführer berichtet im Gegensatz dazu:

  • Die Maschinenstundensätze haben sich, bis auf ein Aggregat, bei allen Maschinen erhöht, so dass manche Kostenträger jetzt ein negatives Ergebnis zeigen
  • Wir lassen die Maschinen nur noch zu 60% oder 70% laufen. Warum nicht 100% Auslastung fahren? So vergeben wir wertvolle Kapazitäten, die die Kosten senken!
  • Was haben Sie bloß gemacht????

Die Bestandsreduzierung interessieren mich nicht wirklich. Erstens sehe ich diese in unserer Kostenrechnung nicht und außerdem bei dem Zinssatz???

Einzig die Logistikkosten sind gesunken, aber zu welchem Preis!!!!

Was antworten Sie jetzt als technischer Geschäftsführer dem Finanzkollegen?

Die Lösung des Business Case 2: Kundenorientierung

Die Antwort des Geschäftsführers aus meiner Sicht könnte lauten:

„Sehr geehrter Herr Kollege,

wir leben heute in einem Käufermarkt mit anderen Gesetzmäßigkeiten als in einem Verkäufermarkt. Heute leben wir in den Zeiten des Business an Demand mit den Wettbewerbsfaktoren Verfügbarkeit, Individualität, Qualität und Kosten.

Durch die Schnelllebigkeit des Marktes dürfen wir nur so viel produzieren, wie wir auch verkaufen können, Kundenorientierung ist unerlässlich.

Das heißt, wir dürfen nicht mehr produzieren, um die Maschinen auszulasten, sondern wir müssen nur so viel produzieren, wie der Kunde auch abnehmen wird. Wobei der Kunde seine individuellen Produkte möglichst schnell verfügbar, natürlich in höchster Qualität und zu angemessenen Kosten erhalten möchte.

Daraus ergibt sich aber für uns häufige Rüstwechsel und die Produktion von vielen Varianten und Produkten, so dass die Maschinen nicht immer voll ausgelastet sind, sondern nur noch dann laufen, wenn wir diese brauchen.

Engpässe berücksichtigen!

Dabei steht in diesem Fall noch ein anderes Problem im Vordergrund.

Mit Hilfe der Wertstromanalyse haben wir herausgefunden, dass wir in diesem Produktbereich ein Engpassaggregat identifizieren konnten und dieses nur einen OEE von 62% hatte.

Bedeutet, wir haben sämtliche Maschinen so ausgerichtet, dass sie diese 62% erreichen und nicht 100% laufen lassen. Denn wir können nur so viele Produkte herstellen, wie durch den Engpass gehen. Nicht mehr und nicht weniger.

Alle Maschinen 100% auszulasten würde bedeuten, dass erhebliche Verschwendung durch Ein- und Auslagerungskosten sowieso Lagerkosten in einem sowieso schon überfüllten Lager betrieben wird.

Fließende Fertigung und Kundenorientierung sparen Logistikkosten

Hierdurch haben wir erhebliche Logistikkosten einsparen können, denn wir brauchen keine laufenden Produkte mehr in das Hauptlager verbringen, sondern haben eine fließende Fertigung realisiert, die auf Basis von selbststeuernden Regelkreisen mit nur wenigen, kleinen Zwischenlagern auf dem Shopfloor auskommt.

Unsere Management Kapazitäten haben wir dann auf die Erhöhung der Produktivität der Engpass Maschine konzentriert und konnten diese im laufenden Jahr von 62% auf 65% ohne große Investitionen erhöhen und im nächsten ‚Jahr werden wir diese auf 78% steigern können, wenn Sie, werter Controller Kollege, diese genehmigen.

Dies führt zu einer Umsatzsteigerung in diesem Produktbereich von 3% bzw. im nächsten Jahr von 14%.

Kostenpotentiale mit neuem Standardkosten-Rechnungssystem heben

Wenn man das Ganze aus der Lean Brille sieht und die aus dem vorherigen Jahrhundert stammende Kostenrechnung und deren auf einen Verkäufermarkt ausgerichteten Optimierungskriterien in Frage stellt, kommt man zu anderen Ergebnissen und vor allem an bisher nicht gehobenen Kostenpotentialen.

Diese werden aber in dem existierenden Standardkostenrechnungssystem nicht sichtbar und konterkarieren damit richtige, kostensenkende Optimierungsansätze, so dass wir zum Teil völlig falsche Entscheidungen treffen, die einem Käufermarkt und somit der Kundenorientierung nicht Rechnung tragen.

Damit treiben Sie, liebe Controlling Kollegen, unser Unternehmen in Maßnahmen, die vielleicht aus Sicht des Controllings richtig sind, aber nicht einer modernen, wettbewerbsfähigen und zukunftsfähigen Unternehmensstrategie gerecht werden.

Wir brauchen Unternehmen, die sich an den 4 Wettbewerbsfaktoren des Business in Demand ausrichten und flexible Fertigungssysteme installieren sowie indirekte und administrative Bereiche, die die wertschöpfenden Prozesse unterstützen, und sich nicht selbst optimieren.

Und wir brauchen ein Kostenrechnungssystem, dass sich an einem Käufermarkt und der Kundenorientierung ausrichtet und die diesbezüglichen Aktivitäten unterstützt und nicht verteufelt.

Kostenrechnung 2.0 und Business on Demand

Mit der Kostenrechnung 2.0 können wir diese Potenziale alle sichtbar machen und dies nicht nur in der Fertigung, sondern auch in den indirekten und administrativen Bereichen.

Lean Management ist nun mal die einzige mir bekannte Management Philosophie, die mit ihren Methoden und Werkzeugen die 4 Wettbewerbsfaktoren des Business on Demand

  • Verfügbarkeit,
  • Individualität,
  • Qualität und
  • Kosten

gleichzeitig optimieren kann und damit die Wettbewerbsfähigkeit in einem Käufermarkt zukunftsorientiert stärkt.“

Ich bedanke mich herzlich für Ihr Feedback!

Bleiben Sie uns gewogen und bleiben Sie vor allem Lean!

Ihr

Dr. Bodo Wiegand

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