Warum findet man in vielen Unternehmen Lean mit Punkt-Kaizen, wie z.B. 5S-Events verbunden? Ganz einfach: Diese laufen abteilungsintern, also bieten sie kaum Konfliktstoff und berühren keine Hoheitsgebiete anderer Führungskräfte. Eben – lean super light.
Warum aber scheitern so viele Punkt-Kaizen-Initiativen trotzdem und landen auf dem Projektfriedhof?
Nun zuerst einmal, weil es Projekte sind, die immer wieder am Leben gehalten werden müssen – also Aufwand darstellen und der Return of Investment – wenn überhaupt marginal ist. Denn mit Punkt-Kaizen werden keine Abläufe verändert, Engpässe beseitigt oder gar Prozesse quer durch alle Funktionen optimiert.
Hier aber liegt die eigentliche Stärke eines Lean-Ansatzes die End-to-End-Prozesse, also den Wertstrom zu optimieren und alle unterstützenden Abläufe auf die Wertschöpfung auszurichten. Hiermit gelingt es, einen Return of Investment von unter einem Jahr zu generieren.
Deshalb sind wir Anhänger des gesamtheitlichen Ansatzes und machen Punkt-Kaizen-Initiativen nur projektbegleitend, um
- die Mitarbeiter in das Lean-Denken einzubeziehen,
- sie die Vorteile eines Denkens in Verschwendungen selbst erleben zu lassen,
- sie ein Teil der Lean-Bewegung werden zu lassen und
- den Mindset der Mitarbeiter langfristig zu verändern.
Deshalb besteht Punkt-Kaizen bei uns nicht aus 5S-Events sondern aus
- Beseitigung von Verschwendung in meinem Arbeitsbereich,
- Einhaltung der EHSQ- (Environment, Health, Safety, Quality) Regeln und Beseitigung von EHSQ-Problemen,
- Sauberkeit und Ordnung sowie
- Einhaltung von Standards (5S).
Hierbei nehmen wir uns zum Beispiel einen Verantwortungsbereich eines Teamleiters zwei Tage lang vor und machen in diesem Bereich eine Lean-Initiative mit allen Mitarbeitern als Kick-off – natürlich gut vorbereitet:
- Vorher geschult
- Container besorgt
- Flächen für Schrott identifiziert
- Farbe besorgt
- etc.
Nach dieser Aktion legen wir folgende Prinzipien fest
- Jeder Mitarbeiter – wirklich jeder – macht 15 Minuten pro Schicht Punkt-Kaizen. Dies sind 1 ¼ Stunde in der Woche, 5 Stunden im Monat – 50 Stunden im Jahr. Multipliziert mit 15 – 20 Mitarbeitern eines Teamleiters sind das veritable 750 – 1.000 Stunden für punktuelle Verbesserungen.
- Fällt etwas in Bezug auf Verschwendung, EHSQ oder Sauberkeit und Ordnung betreffend auf, wird sofort eine Maßnahme an die Führungskraft gemeldet, ans Whiteboard geschrieben und gemeinsam abgestimmt, in welcher Zeit es zu erledigen ist. Ziel ist es möglichst das Problem in der Schicht zu lösen und die noch vorhandene „15-Minuten-Kapazität“ des Bereiches darauf ausgerichtet, um dieses Problem in der Schicht zu beseitigen oder eine Optimierung oder zu erzielen. Ist dies nicht zu schaffen, wird diese Maßnahme zur Maßnahme des Tages (24 Stunden) und die anderen Schichten versuchen diese zu lösen oder das Potenzial zu heben.
- Wird festgestellt, dass dieses Problem oder die Optimierung einen höheren Zeitbedarf beansprucht, sollte ein PDCA angestoßen und angestrebt werden, dies in einer Woche zu lösen. Diese werden dem Abteilungsleiter vorgelegt sowie am Whiteboard ausgehängt. Ziel sollte es sein, die Maßnahmen in einer Woche abzuschließen. Erkennt man, dass dieses nicht möglich ist, wird das Projekt in der Werksleiterrunde vorgetragen und sollte spätestens innerhalb von 20 Werktagen gelöst sein.
Nur so bekommen Sie Nachhaltigkeit und Druck in Ihren Problemlösungs- und Optimierungsprozess.
Und nur so verändern Sie langfristig den Mindset Ihrer Mitarbeiter
Und nur so machen punktuelle Verbesserungen Sinn.
Bleiben Sie uns gewogen – bleiben Sie Lean.
Ihr Bodo Wiegand