Prozessmanagement und Kundenorientierung in einem Verlag – Fehlanzeige – ein Beispiel

Unter Autoren tauscht man sich schon mal aus – was ich aber von einem Kollegen gehört habe, sprengt wirklich manche Vorstellungen dessen, was ein Verlag unter Kundenorientierung versteht. Man muss sich schon sehr wundern…

Eine wahre Geschichte.

Als Autor weiß man nicht, ob man Kunde oder Sklave des Verlags ist. Aber eines weiß man, dass Kundenorientierung hier nicht unbedingt im Vordergrund zu steht.

Doch die Geschichte des befreundeten Autors zeigt nicht nur, wie sich mangelndes Prozess- und Projektmanagement auf die Kundenorientierung auswirken kann.

Zuerst einmal sollte erwähnt werden, dass der Kunde, also der Autor, in dem ganzen Prozess mit nicht weniger als 5 Ansprechpartnern zu tun hatte.

Wechselnde Ansprechpartner heißt immer auch schnittstellenbehaftete Verschwendung und damit auch schlechtes Prozessmanagement.

Schlechtes Prozessmanagement bedingt immer auch lange Durchlaufzeiten.

So hört der Autor 86 Tage nach Abgabe des Textes nichts vom Verlag. Dann wird er in eine Frist von 6 Tage gezwungen, das umgesetzte Buch durchzuarbeiten, Fehler zu finden und alle Grafiken zu kontrollieren.

Das heißt für den Autor: alle Termine absagen und Tag und Nacht arbeiten.

Dann wiederum 7 Wochen nach der Korrektur plötzlich eine Nachfrage nach 2 Grafiken. Warum dauert es 7 Wochen und noch schlimmer, der angekündigte Erscheinungstermin verstreicht einfach ohne Vorankündigung!

Kundenorientierung: 6, setzen!

Projektmanagement: anscheinend nicht vorhanden

Alle genau auf den ersten Erscheinungstermin ausgerichteten Marketingaktivitäten und die damit verbundenen Ausgaben… Umsonst!

Nachfragen von hunderten Interessierten: wieso, weshalb, warum??

Das… hätte der Autor auch sehr gerne gewusst…!

Fehlanzeige – erst das Internet verrät weitere Informationen!

Auch die Einbeziehung des verantwortlichen Editorial Director bringt keine Klärung. Erst nach zweimaliger Erinnerung: das Eingeständnis des Versagens.

Auch er kann den Erscheinungstermin nicht nennen…

Woran liegt das wohl?

Richtig! Grottenschlechte Prozesse und fehlendes Projektmanagement!

Irgendwann kommt dann eine Erläuterung:

„Einen tagesgenauen Termin können wir Ihnen leider heute nicht mitteilen, da die Termine vom System und Algorithmen für die im Hintergrund stattfindenden technischen Schritte gesteuert werden. Bitte seien Sie jedoch versichert, dass Ihr Werk nicht im Januar sondern in Kürze erscheinen wird. Vor der eigentlichen Erscheinung werden die voraussichtlichen Erscheinungstermine anhand eines im System hinterlegten Plan errechnet und nach außen kommuniziert. Dies läuft automatisch und kann nicht von uns geändert werden. Wir bedauern sehr die dadurch entstandene Verwirrung. Bei Erscheinung wird Ihr Werk auf den Plattformen/Webseiten als publiziert angezeigt.“

Ach soooooo!

Sie merken, Prozessmanagement at its best…

Geht es noch komplizierter?????

Gibt es denn keinen Verantwortlichen Projektmanager, der das Projekt im Griff und den Überblick hat, wann etwas geschieht?

Anscheinend weiß sogar das Management nicht, wann was geschieht…

Wie kann man so etwas organisieren und wie kann man Autoren -eigentlich ja ihre wichtigsten Kunden- so allein und im Ungewissen stehen lassen?!

Man muss sich schon sehr wundern.

Doch dann, zwei Tage nach der Mail, erhielt der Autor die Information, dass das Buch sowohl als E-Book als auch als Printausgabe erschienen ist.

Chaos pur!!!

  • Warum braucht man 86 Tage, um ein fertiges Manuskript in ein Buch umzusetzen??
  • Warum braucht man 48 Tage, um eine Nachfrage an den Autor zu senden??
  • Warum braucht man weitere 42 Tage für das Drucken eines Buches.??

D.h., wir haben es hier mit einer Gesamtdurchlaufzeit von 176 Tagen zu tun.

Warum nicht in 20 Tagen??

Dieser Autor wird natürlich nie wieder bei diesem Verlag ein Buch einreichen. Den Kunden hat der Verlag verloren – was wir ja als größte Verschwendung verstehen…!

Übrigens… der Autor berichtete gestern, dass seine von ihm gekauften Exemplare noch immer nicht an ihn ausgeliefert wurden – 2 Monate nach Erscheinen des Buches!!

  • Kundenorientierung: 6, setzen!
  • Prozessmanagement: 6, setzen!
  • Projektmanagement: nicht vorhanden!

Bleiben Sie gesund und bleiben Sie uns gewogen – bleiben Sie lean!

Ihr

Dr. Bodo Wiegand

P.S. Jetzt als Buch erschienen: Kostenrechnung 2.0

Cover Kostenrechnung 2.0 - Kundenorientierung

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