Die Zukunft heißt: Business on Demand

Nach dem 2. Weltkrieg war Business on Demand kein Thema. Es gierte jeder z.B. nach Kühlschränken. Der Bedarf war riesig und das Produkt teuer. In diesem Verkäufermarkt musste man so viel produzieren, wie es denn ging, um erfolgreich zu sein. Ein Modell reichte aus, egal ob weiß, blau oder rot, Hauptsache es war ein Kühlschrank, der die Lebensmittel kühlte.

Wettbewerbsfaktoren Individualität und Qualität

Doch mit der Zeit wurde die große Nachfrage befriedigt und die Kunden wollten nicht nur die Funktion, sondern auch ein in ihr Interieur passendes Modell. Der Kühlschrank musste in ihre blaue Küche passen und in Form und Farbe sich an die Gegebenheiten anpassen. So wurde dann der erste Nachkriegskühlschrank in den Keller verbannt und der neue aus den bestehenden Angeboten selektiert. Ab dieser Zeit war das Produkt Kühlschrank im Wettbewerb eines Käufermarktes eingetreten. Die Wettbewerbsfaktoren waren nicht mehr die eines Verkäufermarktes mit den Wettbewerbsfaktoren Kosten und Qualität, sondern die für einen Käufermarkt typischen Wettbewerbsfaktoren Verfügbarkeit und Individualität bei natürlich hoher Qualität und angemessenen Kosten.

Volle Lager, hohe Bestände

Die Vielfalt der Modelle nahm zu und gleichzeitig die Probleme in den Produktionsstätten der Unternehmen, die die vielen Varianten produzieren mussten. Die Vorgaben, aus den die Wirtschaftlichkeit berechnenden Abteilungen waren aber immer noch die für einen Verkäufermarkt typischen Vorgaben produziere so viel du kannst und vermeide Rüstvorgänge. D.h. die Lager waren voll, die Bestände wurden größer und größer, denn das heute produzierte konnte man nur dann verkaufen, wenn der Mensch es auch nachfragte und es haben wollte. Doch die Märkte entwickelten sich weiter, die Konkurrenz stieg, die Produktvielfalt wuchs an und manche Produkte, die man hoffnungsvoll produziert hatte, blieben im Lager liegen, wurden hinterher verschrottet und mussten abgeschrieben werden.

In einem Käufermarkt entsteht der Wert für den Kunden, wenn er das gewünschte Produkt schnell, nach seinen individuellen Wünschen, mit hoher Qualität zu angemessenen Kosten erwerben kann.

Die Herausforderungen an moderne, wettbewerbsfähige Produktionssysteme sind damit genannt. Man muss kundenspezifisch mit der theoretischen Losgröße 1 in kleinen Losen schnell, individuell mit höchst möglicher Qualität zu für den Kunden angemessenen Preisen, d.h. ohne Verschwendung  zu geringst möglichen Kosten fertigen. Das Ziel ist es, diese 4 Wettbewerbsfaktoren des Business on Demand gleichzeitig zu optimieren.

Werte für den Kunden schaffen

Aus Sicht der Lean-Philosophie bewerten wir alle Tätigkeiten und Prozesse immer aus dem Gesichtspunkt Werte für den Kunden zu schaffen. Deshalb fragt der Lean Manager immer und zu jeder Zeit: Dient dieses oder jenes dazu, die 4 Wettbewerbsfaktoren Verfügbarkeit, Individualität, Qualität und Kosten zu erfüllen? Dieser Blick aus den Augen des Kunden ermöglicht uns, alle Tätigkeiten und Abläufe nach dem Gesichtspunkt erhöht dies den Wert des Produktes für den Kunden zu beurteilen und wertschöpfende Tätigkeiten von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten zu unterscheiden. Denn der Käufermarkt zwingt uns, diese Sicht des Käufers einzunehmen und seine Wettbewerbsfaktoren des Business on Demand ernst zu nehmen.

Intelligente Verfügbarkeit durch Business on Demand

Verfügbarkeit sollte nicht auf Basis von Beständen gesichert werden, sondern durch intelligente Produktionssysteme, die auf Kundenwunsch produzieren können. D.h. aber in kleinen Losgrößen wirtschaftlich fertigen können – allen Vorgaben der Kostenrechnung zum Trotz.

Nun scheint es, dass das Thema Verfügbarkeit noch irgendwie zu lösen ist. Doch in Zeiten des Business on Demand kommt ja zu der Verfügbarkeit noch der Wettbewerbsfaktor Individualität hinzu, der die Komplexität in unseren Produktionsstätten nochmals entscheidend erhöht. Individualität zu produzieren ist die hohe Kunst moderner, wirtschaftlich arbeitender Produktionssysteme. Allerdings geschieht dies nur, wenn man ein zweites Prinzip der Lean-Prinzipien einbezieht – nämlich die Standardisierung und Modularisierung von Produkten und Prozessen.

Standardisierung und Modularisierung der Komponenten

Die Standardisierung und Modularisierung der Komponenten, z.B. im Maschinenbau, versetzt uns in die Lage, die vom Kunden gewünschte Varianz erst am Ende der Prozesskette zu produzieren und nicht am Beginn, wie bei alten Produktionssystemen lange geübt.

Nur mit Hilfe der Standardisierung von Schnittstellen und Modularisierung der Komponenten wird z.B. der Maschinenbau der heutigen Zeit in Deutschland noch eine Chance haben, wettbewerbsfähig zu bleiben.

Beispiel von frühem Business on Demand

In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat der Hersteller Hewlett Packard von SAP-Rechnern eine Umfrage bei seinen Kunden, den IT-Leitern gestartet. Das Ergebnis war die Aussage. „Wenn es auch zum Teil Jahre gedauert hat, die Entscheidung zu treffen, SAP einzusetzen, möchten die IT-Leiter diesen Rechner dann innerhalb von 2 Tagen geliefert bekommen. Die Produktion und Auslieferung eines SAP-Rechners dauerte damals ungefähr 20 Tage. Die Bemühungen, die Produktion auf diese 2 Tage zu optimieren, endeten damit, dass man 10 Tage realisieren könnte, aber nicht 2 Tage. Vor dieses Problem gestellt, kamen dann die Ingenieure darauf, den Rechner in Komponenten aufzuteilen, deren Funktion unabhängig von den anderen Komponenten als Teil des Ganzen ausgetauscht werden konnten. D.h. man hat die unterschiedlichen Funktionen als Module ausgebildet und die jeweilige Schnittstelle so standardisiert, dass sich der Rechner wie ein Lego-Haus innerhalb von wenigen Stunden nach den individuellen Vorgaben des Kunden zusammenbauen ließ.

Um das Ziel, die 48 Stunden Lieferzeit zu erreichen, verzichtete man auf die niedrigen Löhne in Irland oder Schottland, wo sich die Konkurrenz etablierte hatte, sondern baute das neue Werk in Stuttgart. Von dort aus konnte man die Rechner innerhalb eines logistischen Tages an 80% der Kunden in Europa ausliefern.

Sinkende Produktionskosten durch Business on Demand

Da man die einzelnen Komponenten in größeren Stückzahlen auf Basis von selbststeuernden Regelkreisen produzierte bzw. bedarfsmäßig einkaufen konnte, sanken die Produktionskosten weiter. Es wurden also nicht nur Konstruktion, Personal- und Produktionskosten eingespart, sondern man produzierte in kürzester Zeit individualisiert ausgelegte Rechner. Damit konnte man alle 4 Wettbewerbsfaktoren des Business on Demand – Verfügbarkeit, Individualität, Qualität und Kosten – gleichzeitig optimieren.

Wie man aus diesem Beispiel sehen kann, bilden die Prinzipien der Lean-Philosophie das Fundament für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen trotz der erhöhten Anforderungen eines Käufermarktes.

Bleiben Sie uns gewogen – bleiben Sie Lean!

Ihr Dr. Bodo Wiegand

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