Der alte Fehler – die Mündlichkeit

Habe ich letztes Jahr meinen Unmut über den Kolligialitätswahn zum Ausdruck gebracht, möchte ich heute auf einen anderen immer wieder gemachten Fehler hinweisen:

Die Mündlichkeit

Immer wieder beobachte ich in Unternehmen dieses Phänomen. Nicht nur dann, wenn ich Vorstände oder Geschäftsführer coache, sondern im täglichen betrieblichen Alltag.

Letztlich war ich im Rahmen einer Reifgradmessung bei einem Shopfloormeeting in der Produktion. 15 Teilnehmer und der Produktionsleiter als Entertainer. Bereich nach Bereich wurde abgefragt und die aufgetretenen Probleme benannt. Die besprochenen Festlegungen wurden weder von demjenigen notiert noch vom Produktionsleiter an einer Tafel festgehalten.

In einem Bereich gab es ein Problem, das wohl schon mehrmals aufgetreten war und an das sich der Produktionsleiter erinnerte.

Der zuständige Qualitätsverantwortliche konnte sich auch erinnern, und sagte dann: „Da sollte doch das und dies gemacht werden“. Betretenes Schweigen allerseits und ein Vulkanausbruch des Leiters.

Hinterher haben wir das dann besprochen.

  1. Er als Produktionsleiter darf das Meeting nicht moderieren. Ihm gehen dabei viel zu viele Dinge durch die Lappen, da er die über 25 Maßnahmen, die besprochen wurden, in der Rolle des Moderators gar nicht erinnern kann, noch kann er die Übersicht für die wesentlichen Dinge behalten. Denn die Sitzung findet ja täglich statt.
  2. Zwingend erforderlich ist ein Protokollant, der die getroffenen Maßnahmen aufnimmt, auf einer Tafel festhält, sich vom betroffenen Betriebsleiter einen Erledigungstermin geben und einen verantwortlichen Mitarbeiter benennen lässt.
  3. Warum lässt er nicht die Betriebsleiter moderieren, schaut sich diese dabei an und beurteilt die Managementfähigkeiten?
  4. Warum lässt er als Moderator zu, dass seine Mitarbeiter bis zu 5 Aufträge annehmen, ohne dass irgendjemand etwas aufschreibt.

Kein Wunder also, dass ein Problem 5x auftritt, wenn keiner etwas festhält oder nachverfolgt.

Ein anderes Beispiel:

Ich begleite viele Vorstände in ihrem täglichen Tun, um Fehlverhalten zu vermeiden, die Vorbildfunktion herauszuarbeiten, sie von Zeitfressern zu befreien oder ihre Führung zu verbessern.

Nun, man erlebt dort die abenteuerlichsten Sachen:

Vorstände oder Geschäftsführer, die

  • … im 15 Minutentakt die Sitzungen abhalten und nichts, aber auch gar nichts notieren und auch nicht verlangen, dass ein Protokoll geschrieben wird…
  • … Sitzungen abhalten ohne dass Ergebnisse, Maßnahmen oder Termine mit Verantwortung festgehalten werden.
  • … sich Projektergebnisse berichten lassen, Fragen stellen, aber die daraus folgenden Maßnahmen nicht festhalten.

Das heißt, Vorstände und oder Geschäftsführer führen nicht!!!

Liebe Vorstände und Geschäftsführer, liebe Betriebs- und Abteilungsleiter hören Sie diese Mündlichkeit auf.

Von 100 Anweisung, die Sie mündlich geben, werden vielleicht 10 vollständig abgearbeitet.

Warum?? Ganz einfach, Sie werden vielleicht angearbeitet, aber nicht vollständig abgearbeitet.

Warum?? Ganz einfach, weil Sie vergessen werden diese nachzufragen.

Warum?? Weil Sie nicht in der Lage sind alle zu behalten.

Warum?? Weil 100 neue Probleme auftreten, die ihre Managementkapazität fordern.

Warum?? Weil Sie die Mündlichkeit zulassen und die Maßnahmen nicht konsequent aufschreiben und konsequent verfolgen.

Das Argument, was Ihnen sicher auf der Zunge liegt:
„Dafür haben wir keine Zeit, das dauert ja viel zu lange“, zählt leider gar nicht.

Sie verbringen mehr Zeit und Energie damit das gleiche Problem mehrmals zu lösen, als damit etwas zu notieren.

Mein Rat:

Lassen Sie denjenigen, der die Aufgabe übernommen hat die Aufgaben formulieren, die für die Lösung notwendig sind, die Zeit, die er dafür benötigt eintragen. Lassen Sie ihn außerdem denjenigen einsetzen, der für die Lösung der Aufgabe Verantwortung trägt. Damit können Sie kontrollieren, ob er die Aufgabe verstanden, die richtigen Maßnahmen zur Aufgabenerledigung ergriffen und für diese Aufgabe die richtige Person ausgewählt hat.

  • Für Ihre Übersicht sollten Sie die Projekte an einer Tafel oder auf einem Whiteboard visualisieren.
  • Dann kontrollieren Sie oder Ihre Assistenz die fristgerechte Erledigung auf inhaltliche Richtigkeit und lesen die Zusammenfassung der Ergebnisse.
  • Bei Maßnahmen, die länger als 1 Monat dauern, sollten Sie einen A3 einfordern und sich monatlich vorlegen lassen.

Ja, alles das ist Aufwand… aber es lohnt sich und es ist absolut keine Verschwendung, sondern absolute Notwendigkeit. Denn es dient der nachhaltigen Fehlerbeseitigung und Problemlösung.

Alles andere ist Verschwendung von Zeit und Energie.

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