Der Controller als Lean Manager (Teil 1)

Nur eine Idee – oder eine Chance?

Das heutige Rollenverständnis

Vor 1 ½ Jahren haben wir einen Workshop abgehalten und den Wertstrom in einem Unternehmen aufgezeichnet. Jede Funktion hatte eine eigene Bahn, auf der die einzelnen Tätigkeiten vermerkt wurden, die diese Funktion zur Abwicklung des Auftrages beigetragen hat. Natürlich hatte auch das Controlling eine sogenannte „Schwimmbahn“. Da der Beitrag des Controllings darin bestanden hat, retrospektiv aufzulisten, was gut und nicht so gut gelungen war, daraus aber keine Handlungsfelder für die Zukunft abgeleitet wurden, war der Beitrag des Controllings einfach nur Waste – Verschwendung.

In solchen Fällen kleben wir auf diese Tätigkeiten rote Punkte. Der Controller war entsetzt und fühlte sich benachteiligt, in seiner Aufgabe falsch verstanden und außerdem Lean – was sollen wir damit?

Danach sollte ich beim CFO antreten zum Rapport, der mir dann prompt erklärte, wie wichtig denn der Controller sei und überhaupt, ohne Controlling geht gar nichts.

Die Frage, was er persönlich, respektive seine Abteilung, zur Wertschöpfung im Sinne des Kundennutzen beiträgt, verblüffte ihn und blieb erst einmal unbeantwortet. Angriff schien ihm damals die beste Verteidigung.  „Wieso Kundennutzen, wir sind das Controlling und nicht die Produktion. Ohne uns klappt sowieso nichts“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Mir war damals nicht danach klein beizugeben, sondern nach Gegenangriff. „Der Controller guckt ins Kielwasser, um das Schiff zu steuern und trägt absolut nichts dazu bei, die Wertschöpfung zu unterstützen“, führte ich aus. Nun, das war der Moment des Rausschmisses, dachte ich wenigstens. Doch es kam anders. 4 Stunden später hatte ich einen neuen Termin und 4 Wochen danach die Idee für ein Kennzahlensystem, das die Wertschöpfung unterstützen konnte.

Heute ist er einer der größten Lean-Fans, den ich kenne. Was war passiert?

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Lean macht erfolgreich (Teil 4)

Erfolgsfaktor 4: Ganzheitlicher Ansatz

Eine grundlegende Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung von Lean Management bildet natürlich das Verständnis der Methoden und das Wissen, diese im richtigen Umfeld für die richtige Aufgabe einzusetzen.

Hier gibt es leider nur einige Wenige, die Lean wirklich verstanden haben, das optimale unternehmensspezifische Produktionssystem erkennen und darauf aufbauend den Veränderungsprozess vom IST zum SOLL führen.

Einige haben mit Punkt KAIZEN scheinbare Erfolge feiern können, sicher ein guter Einstieg, aber nur selten wirklich mit durchschlagendem Erfolg verbunden. Viele dieser Anstrengungen sind nach einiger Zeit versandet oder dem Controller zum Opfer gefallen. Denn allzu viele haben z.B. ihre scheinbaren 80% Rüstzeitreduzierungserfolge gefeiert, doch nicht erkannt, dass dies sich nur dann ergebnismäßig auswirkt, wenn diese Maschine im Engpass gestanden hat. Wenn nicht, versandet der Erfolg im Nirgendwo.

Ganzheitlich die Methoden anzuwenden heißt, zuerst auf das System zu schauen und die Prinzipien festzulegen, nach denen das System funktionieren soll.

Im indirekten Bereich, wie z.B. im Engineering, in der Entwicklung oder bei Dienstleistungsunternehmen kommt eine weitere Schwierigkeit hinzu. Das Produkt der administrativen Bereiche ist die Information. Die ist bekanntlich flüchtig und schwer zu erfassen. Deshalb tun sich viele Unternehmen schwer, solche Projekte erfolgreich zu managen. Hier ist Wissen, Erfahrung und ganzheitliches Denken gefragt und unabdingbar für den Erfolg.

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Lean macht erfolgreich (Teil 3)

Erfolgsfaktor 3: Mindset verändern

Wenn wir uns bei Unternehmen umschauen, die seit mehreren Jahren Lean ernsthaft eingeführt haben, die viel Energie und Aufwand reingesteckt haben, die ein Produktionssystem flächendeckend etabliert haben, dann können wir 2 Phänomene beobachten.

  1. Der Lean-Grad eines Unternehmens scheint abhängig vom Manager. Geht er, sinkt der Lean-Grad.
  2. Der Lean-Grad scheint auf einem Niveau angekommen zu sein, der es schwer macht, ihn zu steigern.

Betrachten wir Phänomen 1: Wenn der Lean-Grad mit dem Manager mitwandert, dann hat man eines nicht geschafft: Die Durchdringung der Idee auf allen Unternehmensebenen zu erreichen: d. h. es ist nicht gelungen, den Mindset der Mitarbeiter nachhaltig zu verändern.

Schaut man sich diese Unternehmen an, dann stellt man sehr schnell fest, dass die Unternehmen eine konzernweite Lean-Zentrale etabliert und Lean-Experten in die Werke entsendet haben. Das Verhältnis Lean-Experte zu Anzahl des Mitarbeiters, für die er zuständig ist, beträgt meist 1 : 100 bis 1 : 300. Aber auch größere Verhältnisse haben wir schon angetroffen. Doch was muss ein Mensch leisten können, den Mindset, das Denken von 300 Mitarbeitern nachhaltig verändern zu können?

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Lean macht erfolgreich (Teil 2)

Wettbewerber haben neue Produkte und Technologien, Kunden fordern günstigere Preise oder eine höhere Qualität, Banken geben keine Kredite mehr, der Staat verabschiedet neue Gesetze und Verordnungen – im Unternehmensalltag gibt es viele Gründe dafür, eine Veränderung in großem und kleinerem Umfang anzustoßen und durchzusetzen. Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, Technologie und Ökologie – aus allen Feldern erwachsen neue Herausforderungen, die ein Unternehmen zum Reagieren zwingen. Es ist Sache des Managements, Veränderungen anzustoßen und einen Change-Prozess zu initiieren. Das ist der unternehmerische Alltag.

Doch 85 bis 90 Prozent aller Projekte werden nicht zu Ende geführt, unterbrochen, erreichen das Ziel nicht, überschreiten die Zeit, werden anders beendet als sie begonnen wurden und versickern einfach im Biotop der unvollendeten Visionen. Nicht umsonst diagnostizierte der damalige Bundespräsident Herzog in seiner „Ruck-Rede“: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“. In vielen Organisationen sieht es genauso aus. Man kennt die Herausforderungen, oft auch die Maßnahmen. Doch wie kann man eine nachhaltige Umsetzung erreichen und was sind die Faktoren, um die Projekte erfolgreich zu gestalten?

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Lean macht erfolgreich (Teil 1)

Ergebnisse einer Studie

Insgesamt nahmen 771 Unternehmen und Organisationen aus allen Branchen aus acht europäischen Ländern an der Lean Management Studie 2009 teil (Quelle: Abegglen Bericht – Lean Management Studie 2009).

Das Spektrum der Teilnehmer reicht von kleinen Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz (Budget bei öffentlichen Einrichtungen) von unter 100 Mio. € bis hin zu großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz (Budget bei öffentlichen Einrichtungen) von über 400 Mio. €. Damit repräsentiert die Lean Management Studie einen breiten Querschnitt von mittelständischen Unternehmen, Konzerneinheiten und Verwaltungsorganisationen.

Um die Studienteilnehmer nach ihrer Performance zu gruppieren und in der Anwendung von Lean gegenüberstellen zu können, wurden sie in quantitativen und qualitativen Aspekten beurteilt.

  • Diese umfassen neben klassischen Kennzahlen wie EBITDA pro Mitarbeiter, Liefertreue, Ausschuss-/Reklamationsrate und Lagerumschlag auch qualitative Aspekte wie Anzahl Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter, Implementierungsrate, Absenzen/Krankenstand sowie systembezogene Aspekte wie Führung, Zeitmanagement und Unternehmenskultur.

Die Bewertung erfolgte durch die Studienteilnehmer in einer Selbstbeurteilung mit einem Punktesystem, bei welchem 0 die tiefste und 4 die höchste Punktzahl/Leistungsstufe darstellt. Aus der sich ergebenden Gesamtpunktzahl wurden folgende Performance-Kategorien definiert:

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Instandhaltungskosten senken – ja bitte – sofort

Anfang diesen Jahres war ich bei einem Unternehmen mit hohem Lean-Grad in der Fertigung und es ging in dem Gespräch mit dem Vorstand darum, wie man jetzt weiter vorgehen könnte, um das ganze Potenzial zu heben.

An die verwaltenden Bereiche wollte er nicht ran, da dort die Weltchefs in den Funktionen mitreden durften – da wären richtige Potenziale zu holen gewesen. Aber in einer Matrixorganisation lebt es sich, wie schon häufig angemerkt, sehr angenehm. Bevor diese doppelt gesicherten Königreiche eingerissen werden können, braucht es meist eine Krisensituation oder einen neuen Chef. Sie kennen ja meinen Spruch: „Gebe einem Sklaven zwei Herren und er ist ein freier Mann.“

Nun denn. Wir haben also dann über Möglichkeiten in der Fertigung gesprochen und uns auf unserem Rundgang der Instandhaltung etwas intensiver gewidmet. Ganz stolz wurden mir die TPM-Pläne gezeigt, regelmäßig vorbeugende Wartungspläne, Integration der Mitarbeiter in die Wartung. Das ganze Instrumentarium klassisch aufgesetzt und umgesetzt. Der ganze Stolz war eine neue Bandanlage, an der ständig ein Instandhalter gebunden war und Inspektionen, Wartungen und Entstörungen vornahm. „Bei solchen Investitionen muss man sich das leisten können, um keinen Ausfall zu riskieren“, tönte es mir entgegen.

In einem anderen Bereich gab es baugleiche Maschinen, in der nächsten Halle mehrere unterschiedliche Pressen. Außer der Wärmebehandlung (3-schichtig) arbeiteten alle Betriebe 2-schichtig. Nun ist Instandhaltung nicht ein Bereich, in dem man von vorneherein sieht, da ist was drin. Doch mir wollte bei der ganzen perfekten Organisation mein Bauch nicht „toll schreien“, sondern eher gingen die Alarmglocken und sofort kam die Frage „Wie sieht der Wertstrom aus?“ Stolz führte er mich zum Teamleiterraum – dort hing er. Dabei sah ich sofort auf den Zeitpunkt der Erstellung. Der lag 3 Jahre zurück. Nun, ich äußerte meine Bedenken: „Ist die neue Anlage berücksichtigt?“ „Nein“ – diesen Fehler treffen wir sehr häufig an. Wertströme verändern sich mit den Maßnahmen, die ich durchführe und sollten besonders nach Investitionen oder größeren Veränderungen neu überarbeitet werden.

Denn Engpässe wandern und verändern damit auch das Produktionssystem.

Seine Frage, warum denn der Wertstrom für Instandhaltung wichtig ist, haben wir dann wieder in seinem Büro diskutiert.

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Point-Kaizen in der Administration – ein Desaster

Ich bin ja wirklich ein geduldiger Mensch, aber was ich diese Woche wieder erlebt habe.

Einfach unfassbar.

Da erzählt mir ein Geschäftsführer ganz stolz, dass sie jetzt Lean Administration einführen, aber nicht so richtig weiterkommen und er fragte, wie man denn den Mindset der Mitarbeiter nur verändern könnte, ich wäre doch der Spezialist in diesen Fragen. Nach meiner Frage, „Was haben Sie denn bisher gemacht?“, kam wie aus der Pistole geschossen ganz stolz „5S im Büro – das ganze Programm. Büros und Schreibtische aufgeräumt, reihenweise Kühlschränke, Kaffeemaschinen, Drucker und Blumen entfernt, Clean Desk eingeführt und, und, und.“

Dann habe ich ihn gefragt, wie er Lean in der Produktion eingeführt hätte. „Da haben wir die Arbeitsbereiche identifiziert und dann 5S gemacht“. „Ach so, Sie haben nicht die Spinte der Mitarbeiter aufgesperrt, die Fotos entfernt, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgeschrieben, wie sie ihre Hosen aufhängen sollen und wo sie ihr Portemonnaie hinlegen sollen?“ „Nein, natürlich nicht“, war seine empörte Antwort. „Ach so, und warum machen Sie dieses mit ihren Mitarbeitern in den Büros?“ „Sie meinen …“ „Ja, ich meine …“ Da hat er es verstanden.

Haben sie es da draußen jetzt auch verstanden?

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