Six Sigma oder Lean?

Wie schon häufiger dargestellt, für mich gibt es kein „oder“.

Doch alleine in den letzten 10 Firmen, die ich besucht habe, haben mir 3 Ihre Six Sigma-Erfolge unter die Nase gerieben.

Bei der ersten Firma war es so, dass sie „größere Erfolge“ melden konnten. Eine von acht baugleichen Maschinen war nicht prozesssicher. Nach dreimonatigem Projekt hatten sie es geschafft. Auf meine Frage: „Ist die Maschine qualitätsrelevant?“, haben sie nur widerwillig mit „nein“ geantwortet. Auf meine nächste Frage: „Ist diese Maschine der Engpass in Ihrer Fertigung?“ wurde mit einem sicheren „ich glaube nicht“ geantwortet und „Warum haben Sie dann die Prozessstabilität erhöht?“,

Im zweiten Unternehmen wurde mir eine Liste unterbreitet mit allen Prozessen, die nicht stabil waren. Diese wurden und werden mit einem Six Sigma-Programm stabilisiert. Warum alle?

Lean haben sie auch gemacht, aber nur 5S – warum?

Ich war begeistert.

Im dritten Unternehmen war es dann so, dass sie es mit springenden Engpässen zu tun hatten und wirklich herausfordernde Toleranzen erfüllen mussten. Keine Frage also, dass Six Sigma hier die richtigen Ansätze bietet.

Natürlich beschäftigt mich die Frage, wie man diese Unternehmen Lean organisieren kann. Dieses werde ich in eine meiner nächsten Wiegands Warten behandeln.

Aber zurück zu Six Sigma.

Mit Lean Management-Methoden suchen wir die Prozesse aus, die benötigt werden. Mit Six Sigma stabilisieren wir dann die Prozesse, die benötigt werden und nicht stabil laufen.

Doch meist kommen wir den Stabilitätsproblemen mit Hilfe von Ursache-Wirkungs-Analysen, wie z.B. Ishikawa-Diagramm oder FMEA oder einfach 5W-Fragen auf den Grund und finden die Parameter heraus, die für die Stabilität der Prozesse wichtig sind. Erst dann kommt Six Sigma. Es ist eine Qualitätsverbesserungsmethode, aber nicht die Einzige – und nur, weil Jacques Welsch sie favorisiert hat, nicht die Methode.

Natürlich werden die Six Sigma-Anhänger jetzt sagen, dass ist bei uns alles drin. Six Sigma ist eine Managementmethode.

Ich dachte immer, Six Sigma ist eine Prozessfähigkeitsanalyse, die die Standardabweichung vom Toleranzbereich misst.

Nun denn, wenn Six Sigma eine Managementmethode ist, warum betrachtet sie dann nur die Stabilität und nicht die Effizienz. Lean Management betrachtet die Wertschöpfung und die Effizienz des gesamten Prozesses.

Mit Lean das Richtige tun und mit Six Sigma das Richtige richtig machen, also KVP.

Liebe Six Sigma-Freunde, vermeidet Verschwendung, in dem ihr Euch vorab mit Lean die wichtigen Prozesse auswählt.

Bleiben Sie uns gewogen – bleiben Sie Lean.

Ihr Bodo Wiegand

1 Gedanke zu „Six Sigma oder Lean?“

  1. Die Frage nach dem Engpass im Gesamtprozess lässt unwillkürlich und unverhofft die Frage aufkommen: wie kann es dazu kommen?

    Eine neuseeländische Firma (spezialisiert auf Sonderwerkzeugbau für Kunststoffverarbeitung), die ich besucht habe stellte sich die Frage, ob ihre Prozesse gut genug seien. Immer wieder bekamen sie Nachfragen von potentiellen Kunden, die dann doch bei Konkurrenten kauften.

    Was war der Impuls der Geschäftsleitung: mehr Angebote müssen rein, damit Aufträge herauskommen

    Fazit: komplette Belegschaft fuhr unter Volllast und da immer wieder überraschend Aufträge hereinkamen, die von „wichtigen“ Kunden waren, kam es zu zeitlichen Produktionsveränderungen, was dazu führte, dass weder Termine noch Leistung erfüllt werden konnten (der „wichtigen“ wie auch „normalen“ Kunden).

    Es blieb einfach keine Zeit, den Prozess und insbesondere die Auswirkungen des erhöhten Vertriebs- und Marketingaufwands auf die laufende Produktion in seiner rückkoppelnden Komplexität zu erfassen.

    Der Engpass war letzten Endes die Produktion, ausgelöst durch die erhöhten Vertriebsanstrengungen

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