Lean und Industrie 4.0 – Gegensatz oder Ergänzung

In diesen Tagen der Hannover Messe wird viel über das Thema Industrie 4.0 diskutiert. Was bedeutet diese Initiative für das Thema Lean? Löst es Lean ab? Macht es Lean überflüssig?

Nun, fangen wir erst einmal an, darüber nachzudenken, was Industrie 4.0 überhaupt für Ziele hat. Industrie 4.0 ist ein Gedankenmodell zur Integration der Information – Internet der Dinge – von Mensch und Maschine zu einem noch effizienteren und effektiveren Produktionssystem. Das Gedankenmodell der Lösgröße eins zu Produktionskosten einer Großserie bildet den Kern. Dies unterstützt in jeder Beziehung den Lean-Gedanken „Werte ohne Verschwendung schaffen“ und bildet die konsequente Fortführung des „Business on Demand“-Gedankens, nämlich der gleichzeitigen Optimierung der vier Wettbewerbsfaktoren

  • Verfügbarkeit
  • Individualisierung
  • Qualität
  • Kosten

Das Gedankenmodell und die damit verbundenen Bestrebungen der Integration, Maschine und Mensch kann diese Anforderungen unterstützen und die damit verbundenen Ziele erreichbar machen.

Die vielmals diskutierten Befürchtungen, dass dies Arbeitsplätze kosten würde, scheint mir unbegründet. Dies mag für die einzelnen Fertigungen der Fall sein und dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Doch wird es auch dazu führen, dass Industrien und Arbeitsplätze aus Niedriglohnländern nicht mehr in diese verlagert, sondern zurückgeholt werden können. Insgesamt wird es dazu führen,

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Die Angst vor der eigenen Courage – dem Sprung von der Lean Production zur Lean Administration (Teil 2)

Kommen wir nun zu der anderen Gruppe von Unternehmen, die in der Fertigung große Erfolge mit Lean feiern konnten, aber es dann nicht weitergeht und die nicht wissen, wie man ihre Kollegen aus den unterstützenden Bereichen motivieren kann, auch Lean zu werden.

Im November war ich in einer wirklich tollen Fertigung. Die Durchlaufzeiten waren von 3,5 Wochen auf 2 Tage gesunken. Das Variantenmanagement ließ es zu, auch Exoten in kurzer Zeit (5 Tage) zu fertigen und doch stand dort ein Werksleiter vor mir – unglücklich und frustriert.

„Wissen Sie, Herr Wiegand, was uns das alles bringt? Rein gar nichts. Wir liefern hier doch nur flexibel und schnell an unser Zentrallager, statt direkt den Kunden zu beliefern. Das will unser Vertrieb und unsere Logistik nicht. Toll – nicht wahr?“

Würde man hier den Wertstrom vom Kunden zum Kunden optimieren, könnte man Kosten einsparen ohne Ende.

Schon mit einer einfachen ABC-/XYZ-Analyse ließe sich viel bewegen. Durch Einführung der Produktions-Prinzipien für AX- und BX-Produkte – made to delivery – könnte man die AX-/BX-Produkte aus dem Produktionswerk direkt an den Kunden liefern. Für die AY, BY, AZ, AY würde man die Strategie – made to stock – einführen und für die BZ, CY, CZ – made to order . Hiermit könnte man in diesem Unternehmen Millionen sparen. Wenn – ja wenn – man die unterstützenden Bereiche in die Wertstrombetrachtung mit einbeziehen würde und, wenn es gelingen würde, den Sprung von der Produktion in die Administration zu wagen.

Eigentlich ist dies doch ganz einfach, oder?

Nun für viele scheint es aber ein Buch mit sieben Siegeln zu sein.

Warum?

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Die Angst vor der eigenen Courage – dem Sprung von 5S zur Lean Production (Teil 1)

In den letzten Monaten treffe ich immer wieder auf Unternehmen, die auf dem Sprung stehen.

Die Einen stellen fest, dass punktuelle Verbesserungen schön sind, die großen Erfolge aber ausbleiben und fangen an, den Wertstrom ins Visier zu nehmen – endlich.

Die Anderen haben die Erfolge in der Produktion eingefahren und möchten die Früchte ihrer Arbeit auch wirklich ernten, indem sie den ganzen Wertstrom einschließlich der unterstützenden Bereiche ins Visier nehmen wollen.

Nun, schauen wir uns diejenigen an, die 5S-Aktionen erfolgreich durchgeführt haben und jetzt erkennen, dass sauber und schön nicht gleichzeitig erfolgreich ist.

Als ein wirklich schönes Beispiel war ich letztens in einer Motorenfertigung. Sie konnten vom Boden essen, alles vorbildlich und sauber. Shadow Board überall, nichts lag herum, alles hatte wirklich seinen Platz.

Ich war begeistert.

Aber dann fielen mir die vielen Gabelstapler auf, ein hin- und hergefahre ohne Beispiel. Mindestens 30 Gabelstapler waren unterwegs und die Zebrastreifen die wichtigsten Zeichen, um den Werksrundgang unbeschadet zu überstehen. Stolz wurde mir dann auch noch das neuerbaute Lager gezeigt. Die sogenannte Schaltzentrale des Unternehmens.

Nun, die anschließende Besprechung mit dem Vorstand würde schwierig werden – dachte ich jedenfalls. Doch dieser erlöste mich mit der ersten Frage aus meiner Zwickmühle.

Seine Frage lautete: „Wie können wir uns noch verbessern? Irgendwie geht es nicht voran und unsere Probleme sind nicht wirklich behoben.“

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Eine Lean-Geschichte zum Jahresabschluss

Natürlich kann ich das Jahr nicht beenden, ohne Ihnen eine kleine Geschichte zu erzählen. Vor mehr als 20 Jahren habe ich die Ideen von Lean Management kennen und schätzen gelernt. Damals habe ich diese Ideen in der Schmiede, in der ich gearbeitet habe, umgesetzt und eingeführt. Es klappte super und war ein voller Erfolg. So motiviert wollte ich dann unseren Haushalt Lean gestalten – und bin kläglich gescheitert. Zuerst …

Dann war irgendwann mein geliebter Ketchup nicht da. Bei 4 Kindern absolut kein Wunder.

Die Reaktion meiner Frau können Sie sich ja vorstellen.

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Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Nach dem unserer 11. Lean Management Summit Anfang November wiederum mit hoher Kundenzufriedenheit, interessanten Gesprächen und wahrgenommenem Austausch an Erfahrungen absolviert haben, haben wir im November unseren 1. Lean Hospital Summit mit sehr guten Referenten und fachlich hochqualifizierten Teilnehmern durchgeführt.

Nach meiner Frage: „Warum waren Sie noch nie beim Lean Management Summit“, wurde damit beantwortet: „Im Krankenhaus ist alles anders.“

Stimmt das?

Das Produkt des Krankenhauses ist Gesundheit, daher mag ich das Wort Krankenhaus auch nicht. Der Kunde des Gesundheitshauses ist der Patient. Die Ärzte sind die Heiler, die Schwestern sind die Pfleger, die Verwaltung sind die Regeler, die technischen Bereiche sind die Dienstleister.

Das Problem: der Heiler heilt, der Pfleger pflegt, der Regler regelt und der Dienstleister leistet. Jeder macht seinen Job super und der Kunde – wo bleibt der Kunde?

Nun, der Heiler sieht den Patienten, der zu ihm kommt und etwas von ihm haben will, sein Produkt haben will – Gesundheit. Das heißt, der Patient will was von mir, also muss er nach meinen Regeln spielen.

Für die Regeler ist der Patient ein Fall mit einer Krankheit – dem Fall – und der dahinter versteckten Pauschale. Ziel: So wenig Ressourcen wie möglich beanspruchen, so schnell wie möglich raus und bitte bloß keine Komplikationen, sonst wird der Fall zum Verlustgeschäft. Deshalb nehmen ja privatgeführte Kliniken am liebsten gesunde Patienten auf.

Die Pfleger und Helfer arbeiten nach Anweisung von oben (Heiler) und nach Vorgaben von unten (Regeler), immer im Sinne des Patienten und auf dessen Wohlergehen bedacht – aber zwischen den Welten.

Die Dienstleister leisten und optimieren die Leistung und stellen diese den Ärzten zur Verfügung.

Das Ergebnis dieser Einzelleistungen – jeder hat es schon erlebt – wie meine Frau letztens bei einer vorstationären, geplanten Untersuchung. Die dauerte fünf Stunden, statt einer halben Stunde. Sie war genau zum Zeitpunkt X einbestellt, also alle Untersuchungen planbar und im One-piece-flow durchführbar – und? Sie hat mich danach ernsthaft gefragt, ob Sie in diese „Chaosklinik“ gehen sollte.

Also, warum ist im Gesundheitshaus alles anders – und einfaches so kompliziert?

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Die Lean-Lüge

In diesem Jahr habe ich sicher 20 Unternehmen besucht, die eine amerikanische Führung haben bzw. von Private Equity-Unternehmen geführt werden.

Bei allen das gleiche Phänomen – Lean Audit-Erfüllung 90% und besser.

Ich schau mir ja pro Jahr mindestens 50 bis 60 Unternehmen an. Der Lean-Grad war nach meiner Schätzung bei den Besten um die 70%, bei den oben erwähnten Unternehmen nicht höher als 50%. Nicht, weil ich böswillig beurteile oder kleinlich bin, sondern weil diese Unternehmen es nicht verstanden haben.

Bei dem einen gehe ich mit beiden Geschäftsführern in die Fertigung, bleibe stehen – beide gehen weiter. Nach 20 Metern bemerken sie dann, dass ich nicht folge, drehen sich um und dann: Wir brauchen eine Stunde, bis wir die 20 Meter gegangen sind. Themen wie Ordnung und Sauberkeit, Probleme bei Umwelt, Sicherheit und Qualität sowie Verschwendung in den 20 Metern zuhauf.

Bei einem anderen Unternehmen mit einem Lean-Grad von 92%: hoch automatisiert. OEE angeblich 73%. Beim Rundgang standen 50% und dann – Bestände über Bestände – zum verrückt werden. Im angegebenen Engpass – kein SMED – kein Lean Maintenance – nichts, was die kritischste Stelle im Produktionsablauf optimieren würde – und dann Lean-Grad: 92%?

„Wonderful, the Germans“

Wiederum, ein anderes Unternehmen macht Lean, TPM und KVP in Excellence, hat Mitarbeiter abgestellt für den KVP-Prozess, Durchdringung geschaffen, alles, was man haben muss, um erfolgreich zu sein. Und … alle Aktivitäten verpuffen fast gänzlich … Lean wird abgearbeitet, KVP nicht gesteuert und an den Abteilungsgrenzen ist Schluss, also keine Schnittstellen-übergreifende Optimierung und das schlimmste … es wird nicht gemessen.

Sie wissen ja – wenn ich nicht messe, habe ich keinen Erfolg.

Es erinnert mich stark an ein Projekt.

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Der Controller als Lean Manager (Teil 3)

Schauen wir zurück auf den Controller, der seine Aufgabe darin sieht, die Zahlen von links nach rechts und von rechts nach links zu drehen und Auswertungen nach Auswertungen zu machen, ohne die Wertschöpfung für die Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen oder für den Kunden etwas wertvolles zu erarbeiten.

Die Rolle des Controllers könnte jedoch einen großen Wertbeitrag für das Unternehmen bilden, wenn der Controller sich auf das Denken in Effizienzen einlässt, mit der Einführung eines Lean Cost Managements einen Wertbeitrag liefert und versucht, die Wertschöpfung in den zentralen Fokus seiner Arbeit zu stellen.

Der Controller kann sich für diese Rolle qualifizieren,

  • in dem er seinen Bereich als Vorbild effizient, kundenorientiert und nach Lean-Gesichtspunkten gestaltet,
  • in dem er ein wertorientiertes Rechnungswesen mithilfe des Lean Cost Managements aufbaut,
  • in dem er auf eine ursachengerechte Kostenverteilung mit Hilfe der Prozesskosten-rechnung achtet,
  • in dem er den wertschöpfenden Bereichen Zahlen, Daten und Fakten zur Verfügung stellt, die denen auf jeder Leitungsebene die Möglichkeit gibt, die richtigen Schlüsse zu ziehen, Erfolge sichtbar zu machen und Fehlentscheidungen vorzeitig zu erkennen,
  • in dem er seine Qualifikationen als Lean-Manager unter Beweis stellt und das Lean-Projekt führt und verantwortet,
  • in dem er beweist, dass er die Erfolgsfaktoren zur Abwicklung von Lean-Projekten beherrscht und die gegenseitigen Wechselwirkungen kennt.

Voraussetzung für all dies ist natürlich die Führungsfähigkeit des Menschen. Denn der Lean-Manager ist vor allem ein Menschenführer und -begleiter. Die Methoden und Werkzeuge sind Mittel zum Zweck. Sie unterstützen die Veränderung. Verändern muss sich aber der Mensch in seiner Denk- und Handlungsweise. Es gilt, die Kundenbrille aufzusetzen, ob interner oder externer Kunde, denn alle Arten der Produktion dienen nur einem: Der Erfüllung des Kundenwunsches.

Eine weitere Voraussetzung scheint selbstverständlich, ist es aber nicht.

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